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RaketenThüringen

Raketenfabrik Mittelbau Dora im Südharz

Mittelbau Dora war während des Zweiten Weltkriegs ein Konzentrationslager, in dem von 1943 bis 1945 über 17.000 Häftlinge unter der Aufsicht der SS gezwungen wurden, Raketen für das NS-Regime zu produzieren. Die Arbeits- und Lebensbedingungen waren so grausam, dass tausende Menschen dabei ums Leben kamen. Heute erinnert die KZ-Gedenkstätte Mittelbau Dora, westlich von Nordhausen im Südharz, an dieses düstere Kapitel der Geschichte.

Der Kohnstein Berg

Kohnstein, Bundesarchiv CC-BY-SA 3.0
Kohnstein, Bundesarchiv CC-BY-SA 3.0

Der Kohnstein ist ein 335 Meter hoher Höhenzug nahe Nordhausen im Thüringer Südharz. Der Berg besteht aus Sulfatkarst und ist reich an wertvollen Anhydrit- und Gipsvorkommen. Bereits im Mittelalter wurden diese Rohstoffe abgebaut und ab 1860 industriell verarbeitet. Anhydrit in Pulverform findet vielfältige Verwendung, unter anderem als Bestandteil von Zement und Porenbeton sowie in der Herstellung von Schwefelsäure und Ammoniak für Düngemittel.

   

Im Jahr 1917 begann die Badische Anilin- und Sodafabrik (BASF) mit dem Abbau von Anhydrit am Kohnstein, um ihr Ammoniakwerk in Merseburg zu versorgen. Anfangs wurde das Material oberirdisch gewonnen, später erfolgte der Abbau auch unter Tage.

Anhydrit im Detail

Verlagerung der V1- und V2-Raketenproduktion in den Harz

Ab Juli 1936 wurden die Tunnel am Kohnstein im Auftrag der Wirtschaftlichen Forschungsgesellschaft (Wifo) ausgebaut, um Treibstoff sicher und geschützt vor Bombenangriffen zu lagern. Dieses Lager bestand bis zum Sommer 1943. Nach der Bombardierung der Heeresversuchsanstalt Peenemünde im August 1943, wo bis dahin die Forschung, Produktion und Startanlagen für die V2-Rakete angesiedelt waren, suchte die Heeresführung dringend nach einem „bombensicheren“ Standort für die Weiterführung der Raketenproduktion. Die Wahl fiel schließlich auf die bereits bestehenden Stollen am Kohnstein.

Die Heeresversuchsanstalt Peenemünde und das KZ Karlshagen

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Auf der Ostsee-Halbinsel Peenemünde nahe der Hansestadt Wolgast befand sich bis 1943 die „Heeresversuchsanstalt Peenemünde“ (HVA). Hier wurde unter strengster Geheimhaltung an den sogenannten Vergeltungswaffen gearbeitet. Für den Bau der Anlagen und Raketen wurden zahlreiche Zwangsarbeiter nach Peenemünde verschleppt. Sie waren in den KZ-Arbeitslagern Karlshagen I und II untergebracht.

Bei der Bombardierung der HVA im Jahr 1943 verloren über 2.000 Menschen ihr Leben, die meisten davon waren Zwangsarbeiter. Heute erinnert das Historisch-Technische Museum Peenemünde im Norden der Halbinsel an die Geschichte der Anlage und bietet vertiefte Einblicke in ihre Bedeutung und Nutzung.

Die Entstehung des KZ Mittelbau-Dora

Im August 1943 wurde das Arbeitslager Dora als Außenlager des Konzentrationslagers Buchenwald bei Weimar eingerichtet. Es stand unter der Leitung der Mittelwerk GmbH, die vom Rüstungsministerium, dem Heereswaffenamt und der SS kontrolliert wurde. Fachkräfte und Ausrüstung aus Peenemünde sowie den Wiener Rax-Werken wurden dorthin verlegt. Zunächst wurden 107 Häftlinge in den Südharz gebracht, doch bis Ende Dezember 1943 stieg ihre Zahl auf über 11.000.

Mit der Einrichtung von insgesamt 40 Außenlagern wuchs die Zahl der Häftlinge bis 1945 auf rund 60.000 an. Schätzungen zufolge überlebte ein Drittel der Inhaftierten die unmenschlichen Bedingungen nicht.

Die SS lässt Zwangsarbeiter die Raketenfabrik in den Kohnstein bauen

Tunnelanlage Fahrstollen A und B
Tunnelanlage Fahrstollen A und B

Der Plan sah vor, zwei Hauptstollen genannt Fahrstollen A und B von 200 Meter Länge in einer S-Form in den Berg zu treiben. Diese wurden dann mit 42 Querstollen verbunden. Die Produktion der V2 Rakete mit ihren tausenden Einzelteilen verlief in Etappen. Auf einem Eisenbahn-Wagen montiert, wurden von jedem Querstollen aus, weitere Teile hinzugefügt. Dies geschah so lange, bis die fertige Rakete aus dem Tunnel hervortrat. Im Januar 1944 begann die Montage der ersten Raketen. Ziel war ein Ausstoß von 1.800, später dann 900 Raketen im Monat. Diese Zahl wurde jedoch nie erreicht. Insgesamt kam die weit verzweigte Tunnelanlage auf eine unglaubliche Ausdehnung von 20 Kilometer.

Der Bau der Raketenfabrik im Kohnstein durch Zwangsarbeiter

Die SS ließ Zwangsarbeiter eine unterirdische Raketenfabrik im Kohnstein errichten. Der Plan sah vor, zwei Hauptstollen, die sogenannten Fahrstollen A und B, jeweils 200 Meter lang, in einer S-Form in den Berg zu treiben. Diese Stollen wurden mit 42 Querstollen verbunden.

Die Produktion der V2-Raketen, bestehend aus Tausenden Einzelteilen, verlief schrittweise. Auf einem Eisenbahnwagen montiert, wurden von jedem Querstollen aus weitere Komponenten hinzugefügt, bis schließlich eine vollständige Rakete aus dem Tunnel hervortreten konnte. Die Montage der ersten Raketen begann im Januar 1944. Das Ziel war es, monatlich 1.800 Raketen zu produzieren, später wurde die Zahl auf 900 verringert, doch diese Zahlen wurden nie erreicht. Die gesamte Tunnelanlage erstreckte sich schließlich über beeindruckende 20 Kilometer.

20.000 Menschen verloren in Mittelbau-Dora ihr Leben. 5.000 von ihnen gleich in den ersten 8 Monaten.

 

Die Hölle am Kohnstein

Zu Beginn des Bauvorhabens mussten die ersten Häftlinge sofort mit dem Graben der Stollen beginnen. Dabei wurde rücksichtslos mit Dynamit und einfachen Werkzeugen gearbeitet, ohne auf die Sicherheit der Arbeiter zu achten. Die ersten 10.000 Inhaftierten schliefen direkt in den Tunneln, in denen auch gesprengt wurde.

Todesfälle waren an der Tagesordnung, da die SS-Aufseher keinerlei Rücksicht nahmen. Bis März 1944 waren bereits 5.000 Menschen gestorben. Erst Ende 1943 begann man, die Arbeiter in Holzbaracken im KZ-Lager außerhalb der Tunnel unterzubringen.

Die Mittelbau GmbH erweitert die Produktion

Auch andere Rüstungswerke suchten Schutz vor den alliierten Luftangriffen, weshalb ab April 1944 in den mittleren Bereichen der Tunnel Strahltriebwerke für die Junkers-Düsenjäger und ab Herbst 1944 der „Volksjäger“, die Heinkel He 162, montiert wurden. Ab Januar 1945 begann schließlich die Produktion der Flugbombe V1 (Fieseler Fi 103) im hinteren Teil der Tunnel. Diese Erweiterung hatte jedoch zur Folge, dass die Produktion der V2-Raketen spürbar zurückging.

Daten und Fakten zum KZ Mittelbau Dora

  • Lage: Östlich der Stadt Nordhausen
  • Tunnel befinden sich im Berg: Kohnstein Südharz
  • Rohstoff Vorkommen im Kohnstein: Anhydrit
  • Anzahl aller Lager: 40
  • Anzahl Inhaftierter Menschen: 60.000
  • Todesopfer: 20.000 Menschen
  • Fläche des Lagers: 420 qm
  • Gesamtlänge aller Tunnel: 20 Kilometer
  • Länge der Fahrstollen A und B: Je 200 Meter
  • Anzahl der Querstollen: 42
  • Produktion V1: 6.000 Stück
  • Januar 1944: Produktion der V2 (A4) Rakete
  • April 1944: Produktion Junkers Strahlentriebwerke
  • Herbst 1944: Produktion „Volksjäger“ Heinkel He 162
  • Januar 1945: Produktion V1 Flugbombe
  • Datum der Befreiung durch US-Soldaten: 11. April 1945
  • Sprengung der Tunnel durch die Rote Armee: 1948
  • Eröffnung der KZ-Gedenkstätte Mittelbau Dora: 1966

Die Befreiung aus dem KZ Mittelbau Dora

Nach schweren Luftangriffen auf die historische Stadt Nordhausen kam die Raketenproduktion zum

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Erliegen. Am 5. April 1945 evakuierte die SS das Lager und zwang die Häftlinge zu langen „Todesmärschen“. Sechs Tage später, am 11. April, befreite die US-Armee die verbliebenen kranken Häftlinge. Die Einwohner von Nordhausen wurden gezwungen, die Leichen der verstorbenen Gefangenen zu bestatten.

Die US-Armee begann sofort mit der teilweisen Demontage der High-Tech-Waffen, um sie für ihr eigenes Raketenprogramm zu nutzen. Nachdem Thüringen jedoch den sowjetischen Truppen zugeschlagen wurde, musste die US-Armee das Gebiet verlassen. Im Juli 1945 startete die Rote Armee mit der vollständigen Demontage der Tunnelanlagen. Die Bürger von Nordhausen verwendeten das Holz der zerstörten Lagerbaracken für den Wiederaufbau der Stadt, weshalb kaum Gebäude aus dem Lager die Zeit überdauerten. Drei Jahre später sprengten die Russen die Zugänge zu den Tunneln.

Einrichtung der Gedenkstätte Mittelbau-Dora

V2 Produktion
V2 Produktion

Nach dem Wiederaufnehmen des Anhydritabbaus am Kohnstein durch die DDR wurden jährlich 2 Millionen Tonnen abgebaut und in den Leunawerken verarbeitet. Der Abbau führte jedoch zu erheblichen Schäden, sodass Teile des Fahrstollens B-Tunnels vollständig einstürzten.

Als Gedenkstätte für die tragischen Ereignisse wurde zwischen 1964 und 1966 auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers die Gedenkstätte Mittelbau Dora eingerichtet. Heute ist die KZ-Gedenkstätte ein Teil der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau Dora, die von der Bundesregierung und dem Land Thüringen getragen wird. Seit 1995 ist es zudem möglich, einen Teil des Fahrstollens B zu besuchen, der durch einen neu angelegten Stollen zugänglich gemacht wurde.

Kostenlose Führungen durch das Gelände

Bei den kostenlosen Führungen über das Gelände können Besucher die Überreste von etwa 80 Gebäuden, den Appellplatz sowie den Fahrstollen B besichtigen. Die Führungen dauern 1,5 Stunden, sind sehr informativ und werden mit großem Feingefühl durchgeführt. Ein Trinkgeld am Ende der Tour ist durchaus angemessen.

Die Anmeldung für die Führung erfolgt an der Touristeninformation, wo sich auch Seminarräume für Schulklassen, ein Buchladen sowie ein weiterführendes Museum zum Gedenkort befinden.

Hier findest du die Gedenkstätte Mittelbau Dora auf der Karte:

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Chris

Hallo ich bin Chris, Hobbyfotograf und Tourismus-Blogger aus dem schönen Hamburg. Ich habe ein Faible für Geschichte, Architektur sowie Naturaufnahmen. Folge mir auf Google Maps oder hier:
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